„Mocca Faux“ nannten die Franzosen den Kaffee-Ersatz – daraus wurde „Muckefuck“. Doch die Methode, aus gerösteten Körnern einen würzigen Sud zu kochen, war schon in Babylon und im alten Ägypten üblich. Bei uns verhalf Friedrich der Große dem „falschen Kaffee“ zu Popularität – er verbot den Übersee-Kaffee fürs einfache Volk. In Frankreich machte die Kontinentalsperre Napoleons den „Café du Continent“ salonfähig. Dabei war sicher eine Hilfe, dass Kaffee „au lait“ getrunken wurde – mit viel Milch. Und das tut dem Muckefuck geschmacklich gut. Immerhin werden bei uns 1,5 Milliarden Tassen Landkaffee getrunken – das sind fast 19 Tassen pro Bundesbürger.
Im Lebensmittelrecht gilt seit 1981 die Verordnung über Kaffee, Zicchorie, Kaffee-Ersatz und Kaffee-Zusätze vom 12. Februar. Kaffee-Ersatz (Surrogat) ist „ein Produkt aus gereinigten, gerösteten Pflanzenteilen, das durch Ausziehen mit heißem Wasser ein kaffeeähnliches Getränk liefert und dazu bestimmt ist, als Ersatz von Kaffee zu dienen“. Dagegen sollen Kaffee-Zusätze den Bohnenkaffee würzen. Kaffee-Ersatzmischungen sind Mixe aus Bohnenkaffee und Kaffee-Ersatz. Kaffee-Ersatz-Extrakt schließlich sind Instantmischungen von Kaffee-Ersatz, die einfach nur noch heiß aufgegossen werden müssen.
Während gerade in Kriegszeiten Muckefuck tatsächlich eine Notlösung für alle Kaffeetrinker war – und noch lange in der DDR blieb – ist er heute als „Landkaffee“ selbstbewusst geworden. Denn schließlich hat er seinen ganz eigenen geschmacklichen Reiz, der je nach Zusammensetzung zwischen süßlich und bitter variiert. Landkaffee wird aus 5 unterschiedlichen Grundprodukten hergestellt:
Zicchorie ist die Wurzel der Wegwarte und mit Chicoree verwandt. Sie ähnelt in Größe und Aussehen der Zuckerrübe, hat einen bitteren Geschmack und enthält viel Inulin, ein Zucker, der für den Menschen nicht abbaubar ist. Die Zicchorie hat – wahrscheinlich durch ihre Bitterstoffe – eine lange Geschichte als Heilpflanze. Selbst Paracelsus empfahl sie als schweißtreibend, Kneipp empfahl sie bei Magen-Darm- und Lebererkrankungen. Sie wird nach der Ernte im Herbst zerkleinert, gedarrt und dann nochmals zerkleinert und geröstet.
Gerste und Roggen wird erst eingeweicht und dann kräftig geröstet. Malz wird meist aus Gerste, manchmal auch aus Weizen oder Roggen produziert. Dazu werden die Getreidekörner eingeweicht und angekeimt – dabei verwandelt sich ein Teil der Stärke in Malzzucker. Wenn der Keim halb so lang ist wie das Korn, wird der Prozess durch Darren abgebrochen. Beim anschließenden Rösten werden die Keime entfernt. Der entstandene Röstmalzzucker gibt ein kräftiges, süßlich-bitteres Aroma.
Feigen werden ebenfalls getrocknet, klein geschnitten und geröstet. Durch den hohen Zuckergehalt der Feige entstehen kräftige Röstbitterstoffe. Feigenkaffee hat einen süßen Grundgeschmack.
Meist wird „Landkaffee“ heute als Instantgetränk angeboten. Entsprechend kann er als reines Milchgetränk zubereitet werden. Doch es gibt immer noch den gemahlenen „filterfähigen“ Kaffee-Ersatz. Allerdings tut es dem Aroma gut, wenn er etwa 3 Minuten – ähnlich wie Tee – ziehen kann. Besonders praktisch ist für die Zubereitung die „Pressstempelkanne“, in der sich das Aroma besonders gut entfaltet. Aber auch ein Teefilter lässt sich einfach zum Ersatzkaffee-Filter umfunktionieren. Mit einem kräftigen Schuss Milch gewinnt Muckefuck an Aroma. Interessant ist er als kräftiges Konzentrat gekocht (auf 1 Espressoportion 1/2 TL Pulver) und auf ein Glas Milchschaum gegossen als Latte Macchiato.
In Italien gehört Ersatzkaffee als „orzo“ in jede Espressobar und wird genüsslich von allen Generationen getrunken. In Frankreich ist Ersatzkaffee meist als Instant-Mischung mit richtigem Kaffee im Angebot.
Bei uns kämpft der „Muckefuck“ immer noch mit dem Ersatzimage der Kriegszeiten. Schade, denn er ist eine gesunde, köstliche und ganz eigenständige Alternative zu Kaffee: Er enthält kein Koffein, ist deshalb also auch für Menschen mit Bluthochdruck und für Kinder geeignet. Und er ist eine tolle Alternative für stillende Mütter: Koffein geht nämlich in die Muttermilch über und lässt das Baby dann nicht zur Ruhe kommen.
Quelle: Kaffee-oder-Tee-Ecke des SWR. Vielen Dank für die tollen und umfangreichen Infos!